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Gender-Workshop und VSJF-Tagung 2023 in Berlin – ein Kurzbericht

Im November letzten Jahres fand der Gender-Workshop zur Japanforschung, ebenso wie die Mitgliederversammlung und die Fachgruppentreffen der Vereinigung für sozialwissenschaftliche Japanforschung (VSJF), im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin statt.

Der Gender-Workshop (2.-3.11.2023) wurde von Andrea Germer und Annette Schad-Seifert Düsseldorf) unter Mitarbeit von Ami Kobayashi und Mirco Heller (Heinrich Heine Universität Düsseldorf) ausgerichtet. Er bot wie jedes Jahr ein Forum für die Präsentation und Diskussion geschlechtsbezogener Themen der (Japan-)Forschung. Die Veranstaltung beförderte dabei vor allem den wissenschaftlichen Austausch in der Geschlechterforschung zur japanischen Gesellschaft, Geschichte, Kultur, Politik und Wirtschaft.

Am ersten Workshop-Tag widmete sich das Forum den Themen Trans/Gender und Gesellschaft (Panel I) und Geschlechtergeschichte (Panel II).

Die erste Referentin Xinyu Wang von der Universität Tokyo thematisierte in ihrem Vortrag „‘Home is… in the future‘ – Chinese Trans Women in Japan and their negotiation of placelessness“ die Diaspora-Erfahrungen chinesischer Transfrauen in Japan und beschrieb dabei deren Suche nach einem Ort, an dem sie sich dazugehörig fühlen können, sowie die Zusammenhänge von Intersektionalität und Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Mobilität.

Anschließend führte Samantha Audoly von der Universität Rom unter dem Titel „Imperial Priestesses‘ part in dodging premodern gendered roles“ unter anderem unterschiedliche Vorstellungen und Praxen zu Liebesbeziehungen und Sexualität bei Ise-Priesterinnen und Kamo-Priesterinnen aus.

©Mirco Heller

Die Vortragenden von links nach rechts: Xinyu Wang, Samantha Audoly.

Luisa Stella de Oliviera Coutinho Silva vom Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie legte unter dem Titel „Christian Japanese women in the Iberian empires? An approach to Christian sources – from a women’s legal history perspective (Japan, 16th-17th Centuries)“ ihr Augenmerk auf die Quellen der Missionare aus einer geschlechtsspezifischen Perspektive und zeigte so eine geschlechtersensible Geschichte des Christentums in Japan auf.
Hiro Fujimoto erörterte anschließend zum Thema „Yoshioka Yayoi and the Empire of the Japanese women doctors, 1910-1930“ auf Basis aktueller Forschungsergebnisse zu privaten Akteur*innen des japanischen Kaiserreichs die verwickelte Beziehung zwischen im Ausland tätigen japanischen Ärztinnen und dem Kaiserreich. Dabei ging es um die Frage, wie die Ärztin und Lehrerin Yoshioka ihre Studierenden motivierte, im Ausland zu arbeiten.

©Mirco Heller

Die Vortragenden von links nach rechts: Luisa Stella de Oliviera Coutinho Silva, Hiro Fujimoto.

Am Folgetag widmete sich der Workshop dem dritten Panel zum Leitthema Gender-Diskurs und Gender-Politik. Dazu präsentierte Elena Korshenko von der Freien Universität Berlin unter dem Titel „Substantive representation and the media: Press coverage of women‘s issue promoters“ wie sich Bemühungen japanischer Parlamentarierinnen, Frauen in Japan zu vertreten, in der Berichterstattung der Mainstream-Medien widerspiegelten. Dazu legte sie einen Fokus auf die objektive Erfolgsbilanz einzelner Politiker*innen sowie ihrer wahrgenommenen Fachkompetenz, und auf die askriptiven Merkmale wie Geschlecht, Dienstalter oder Parteizugehörigkeit.

Julia Gerster von der Tōhoku Universität referierte unter dem Titel „Whose lessons do we learn? On the absence of women’s memory in public 3.11 disaster memorial museums in Japan“ über die nach der Dreifachkatastrophe 2011 eingerichteten Katastrophengedenkstätten in der Region Tōhoku. Das Ziel dieser Einrichtungen sei es, die Erinnerungen an diese Katastrophe zu bewahren. Anhand einer geschlechtersensiblen Analyse des visuellen Materials (einschließlich Videos) wurden in den Katastrophengedenkmuseen der Präfekturen Schwierigkeiten hinsichtlich der Repräsentationsgleichheit im kulturellen Gedächtnis diskutiert und Hinweise für eine inklusivere Repräsentation in Gedenkstätten gegeben.

 

©Mirco Heller

Die Vortragenden von links nach rechts: Elena Korshenko und Julia Gerster.

Abschließend stellten Ilse Lenz (Ruhr-Universität Bochum) und Michiko Mae (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) mit ihrem Beitrag “Die Frauenbewegung in Japan – Geschlechtergeschichte, vielfältige Bewegungen und neue Subjektivierungen ihre Sammlung von Quellentexten zur japanischen Frauenbewegung vor. Ilse Lenz erörterte zunächst die Verflechtung von Frauenbewegungs- und Geschlechtergeschichte in transnationaler und intersektionaler Perspektive.

Dabei zeichnete sie die Herausbildung der unterschiedlichen Bewegungen nach und erläuterte inwieweit diese das Denken über Frauen, Geschlecht und Geschlechterordnung in Japan vom späten 19. Jahrhundert bis heute beeinflusst haben.

Michiko Mae zeigte anschließend auf, inwieweit die Frauenbewegung als treibende Kraft für die Weiterführung der Modernisierung der japanischen Gesellschaft angesehen werden kann. Sie führte dabei wichtige gesellschaftliche Impulse der Bewegung, wie zum Beispiel die Suche nach einer neuen Subjektivität, die Kritik an Nationalismus, Kolonialismus, Rassismus und Kapitalismus, gleiche gesellschaftliche und politische Teilhabe sowie das gender-free Konzept auf.

Auch im Jahr 2024 freuen wir uns wieder auf interessante Vorträge zu genderbezogenen Themen. Im Herbst dieses Jahres wird der Gender-Workshop vorgelagert an die VSJF-Tagung in Düsseldorf stattfinden.

Ein Bericht von Mirco Heller.

 

©Mirco Heller

Die Vortragenden em. Prof. Michiko Mae (zweite von rechts), em. Prof. Ilse Lenz (erste von rechts) und die Organisator*innen Prof. Andrea Germer (dritte von links), Dr. Ami Kobayashi und Mirco Heller (beide links).

 

Vom VSJF Tag 1 berichtet Mirco Heller:

Die ersten Vorträge der VSJF Haupttagung begannen unmittelbar nach dem Abschluss des Gender-Workshops in den Veranstaltungsräumen des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin. Anlässlich des diesjährigen Leitthemas „Labor and (im)mobility in Japan and East and Southeast Asia: Transnational, regional and rural-urban perspectives“ widmete sich die Key Note Speech von Biao Xiang (Max Planck Institute for Social Anthropology) der transnationalen Arbeitsabwanderung aus China in andere asiatische Länder. Weitere Vorträge widmeten sich der Binnenmigration in Japan (Megha Wadhwa, Freie Universität Berlin, Deutschland), der ländlichen Arbeitskräftemobilität in Japan (Wolfram Manzenreiter, Universität Wien), der (Un)sichtbarkeit von Migranten im ländlichen Japan (Cornelia Reiher, Freie Universität Berlin) und der Rolle von Unternehmern bei der Wiederbelebung der ehemaligen Sperrzonen von Fukushima (Lynn Ng, Freie Universität Berlin).

 

©Mirco Heller

Auch unser Institut Modernes Japan war auf der VSJF mit einigen wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen vertreten. Auf dem Bild von rechts nach links: Dr. Michaela Oberwinkler, Mena Mesenhöller, Dr. Ami Kobayashi, Julia S. Zhu und Mirco Heller.

 

 ©Mirco Heller
Vortragende von links nach rechts: Dr. Kazuyoshi Kawasaka, Dr. Ami Kobayashi.

 

Vom VSJF Tag 2 berichten Mena Mesenhöller & Mirco Heller:

Der zweite Tag der VSJF Haupttagung begann am Folgetag um 9 Uhr mit zwei Panels (also Vortrags- und Diskussionsrunden) am Vormittag. Im ersten Panel ging es um „Transnational (Labor) Migration“ und im zweiten Panel um „Gender/Intersectionality“. Die Vortragsthemen waren mit etwa der Einwanderungspolitik in Ostasien oder der Präsentation von Forschung zum Leben der japanischen Hostessen in London besonders vielfältig. Die Teilnahme an der VSJF ist aufgrund der vielfältigen Panelthemen, sowie der Möglichkeit Einblicke in die verschiedenen Herangehensweisen und Methoden der Forscher*innen zu erhalten besonders im Hinblick auf eigene Forschungsvorhaben empfehlenswert. Im Anschluss an die ersten Panels folgte das gemeinsame Lunch, zu dem alle Teilnehmer*innen der Konferenz eingeladen waren. Wie schon am Vorabend konnte man hier wieder neue Leute kennenlernen und sich in einer etwas lockereren Atmosphäre austauschen. Der letzte Tagesordnungspunkt nach dem Lunch war das Treffen der „Fachgruppen“. Diese Treffen dienen dazu, sich in einer Workshop-Atmosphäre zu bestimmten Fachgebieten innerhalb der Japanologie (z.B. Wirtschaft, Politik, Soziologie) auszutauschen. Schön ist hier, dass auch Masterstudierende die Chance haben, ihre Projekte vorzustellen und Feedback zu erhalten!

In der Fachgruppe „Kultur, Medien und Kommunikation“ trugen sowohl Dr. Michaela Oberwinkler mit ihrem Thema „Emoji als neue Interpunktion in digitaler Kommunikation“ als auch Jasmin Rückert unter dem Titel „Cooptated photography? Photography Albums of Japanese Soldiers in North-East China“ von unserem Institut vor. In der Fachgruppe „Stadt- und Regionalforschung“ trugen Dr. Ami Kobayashi und Dr. Kazuyoshi Kawasaka gemeinsam zum Thema „Intersectionality in Japanese schools: Experience and struggle of LGBTQ+ JET teachers in Japanese rural areas“ vor.

 

Ein Bericht aus Berlin.

 

©Mirco Heller

 

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