Ein Bericht von Noah Brelage:
Wie hängt die Klimakrise mit dem Ukrainekrieg zusammen? Wie wird in Deutschland und Japan über den Klimawandel Diskurs geführt? Welche Pionier-Projekte finden jetzt bereits in Deutschland und Japan statt, um eine nachhaltige Zukunft zu schaffen?
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen und konkrete Lösungsansätze auszuarbeiten, habe ich mich im August zusammen mit zahlreichen weiteren jungen Personen aus Deutschland und Japan in Berlin für den 14. Deutsch-Japanischen Youth Summit getroffen.
Die letzten drei Jahre zuvor konnte die Deutsch-Japanische Jugendgesellschaft, kurz DJJG, Corona-bedingt den Youth Summit nur online durchführen, weshalb es für den Youth Summit, welcher dieses Jahr wieder in Person stattfinden konnte, besonders viel Vorfreude gab.
Jedes Jahr abwechselnd findet der Youth Summit entweder in Berlin oder in Tokyo statt, für Berlin hat es dann den Namen „Hallo Deutschland“, für Tokyo „Hallo Japan“. Das Motto für Hallo Deutschland 2023 war „Krise – was tun?“. Insgesamt haben mehr als 60 Personen teilgenommen, die sich auf die eine oder andere Weise mit deutsch-japanischen Beziehungen beschäftigen. Darunter waren deutsche Japanolog*innen wie ich und japanische Germanist*innen sowie einige Personen, die in beiden Ländern bereits gelebt, studiert und gearbeitet haben oder einen familiären Bezug zu beiden Ländern haben.
Was haben wir gemacht und erlebt?
Die Teilnehmenden wurden in Arbeitsgruppen aufgeteilt, auf die man sich je nach Interesse bewerben konnte. In diesen Arbeitsgruppen konzentrierte man sich jeweils auf eine Krise wie z.B. den Ukrainekrieg oder die Klimakrise oder man befasste sich mit Lösungsmodellen wie z.B. Kreislaufwirtschaft oder Mobilitätswende. Durch das Programm konnten die Teilnehmenden sich tief gehend mit der Krise der jeweiligen Arbeitsgruppe beschäftigen. Außerdem erhielt man ein höheres Bewusstsein über die Vernetzung aller Krisen durch den Austausch über die Arbeit in den AGs.
Eben dieser Austausch war einer der stärksten Aspekte des Programmes. Jede Person, die teilnahm, hatte einen interessanten Hintergrund sowohl über deutsch-japanische Beziehungen als auch über einen persönlichen Fachbereich, wodurch jede Person eine eigene Perspektive mitbringen konnte. Ich habe mich unter anderem mit jungen Pädagog*innen, Historiker*innen und Politikwissenschaftler*innen über die Themen des Programms unterhalten und austauschen können, wofür ich wirklich dankbar bin. Am letzten Tag haben wir unsere Erkenntnisse aus den Workshops und Besichtigungen in Form eines Plakates zusammengefasst und jeweils den anderen präsentiert.
Neben dem Austausch zwischen den Teilnehmenden konnte man durch die Erfahrungen, die der Youth Summit ermöglichte, einen Einblick in Institutionen erhalten, die mir vor dem Programm unerreichbar weit weg erschienen. Allein der Besuch bei der japanischen Botschaft sowie das Abschluss-Event bei dem Deutsch-Japanischen Zentrum Berlin waren Erfahrungen, die ich ansonsten nur schwer hätte erhalten können.
Genauso wertvoll waren die Einblicke, die ich als Mitglied in der Arbeitsgruppe „Klimakrise im Diskurs“ erhalten konnte. Unsere Konversationen mit Personen aus den Bereichen Pädagogik, Journalismus und Aktivismus, die sich aktiv mit dem Diskurs über die Klimakrise beschäftigen, haben uns Mitgliedern aus der Arbeitsgruppe ein tiefergehendes Verständnis darüber gegeben, wie verschiedene Institutionen sowohl über die Klimakrise als auch *übereinander* Diskurs führen. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Institutionen war besonders interessant. Jede Organisation hat einen Einfluss darauf, wie viel Einfluss die anderen Organisationen im Diskurs haben. Je nachdem, wie sie sich zueinander positionieren, kann ein gesellschaftlicher Konsens über Lösungsansätze gestärkt oder geschwächt werden. Dies hat einen Einfluss auf unsere Handlungsfähigkeit, welche nicht zu unterschätzen ist.
Kultureller Austausch am Diskussionstisch & im Biergarten
Die Art, wie dieser Diskurs in Japan und in Deutschland geführt wird, unterscheiden sich. Allein in den Diskussionen, die wir innerhalb der Arbeitsgruppe geführt haben, konnte man Unterschiede feststellen, die kulturelle Gründe hatten. Deutsche Personen in der Gruppe haben schnell eine starke Meinung entwickelt und diese standfest vertreten, während japanische Personen in der Gruppe darauf bedacht waren, zunächst zuzuhören und dann eine differenzierte Meinung zu äußern. Beide Herangehensweisen haben Vorteile und Nachteile. Sich kulturellen Differenzen wie diesen in interkulturellen Debatten bewusst zu sein, erscheint mir als ein wertvoller Soft Skill, den ich durch die Arbeitsgruppe lernen konnte.
Natürlich war die Zeit beim Youth Summit nicht nur Arbeit. Teil des Programms war es ebenfalls Zeit gemeinsam zu verbringen, sich auszutauschen und Freundschaften zu knüpfen. Wir haben in einer Karaoke Bar gesungen, in Biergärten gefeiert, die Stadt Berlin erkundet und auch mal einfach eine Pause im Park gemacht. Allein die langen, unterhaltsamen Nächte in unserer Unterkunft waren die Teilnahme am Youth Summit bereits wert.
Bewerbungsprozess, Kosten und Sprache
Die Teilnahme am Programm hat insgesamt 475 € gekostet, was beinahe alle Kosten innerhalb der Woche abgedeckt hatte. Man musste sich vorher bewerben. Bei der Bewerbung muss man die eigenen Sprachkenntnisse zeigen, indem man einen kurzen Text auf japanisch schreibt. Außerdem musste man erläutern, welches Vorwissen und welche Erfahrungen man zu den Arbeitsgruppen, auf die man sich beworben hat, mitbringen könnte. Das Vorwissen und die Sprachkenntnisse haben aber innerhalb der Teilnehmenden stark variiert. Wir hatten Teilnehmende, die sowohl deutsch als auch japanisch fließend sprechen konnten und über das Thema ihrer Arbeitsgruppe akademisch forschen, aber auch Teilnehmende, die kaum Fremdsprachenkenntnisse hatten und sich nur grob über das Thema ihrer Arbeitsgruppe informiert hatten.
Dementsprechend wurde zwischen den Mitgliedern andauernd sowohl auf deutsch als auch auf japanisch gesprochen, oft sogar im gleichen Satz. Jede Person, die teilnahm, war bemüht, ihre eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern, wodurch eine sehr angenehme Atmosphäre fürs Üben und Lernen entstand.
Fazit
In den 8 Tagen habe ich vieles über die Rollen von Deutschland und Japan für globale Krisen gelernt und deutsch-japanischen interkulturellen Austausch genossen. Ich kann eine Teilnahme an einem Youth Summit jeder Person unseres Instituts nur weiterempfehlen.