Studierendenberichte

VSJF-Konferenz: „Continuity and Change 10 years after 3/11“

Ein Bericht von Joshua Fricke und Christin Benckenstein.

Am 19.03.2021 fand die Online-Konferenz “Continuity and Change 10 years after 3/11” statt, welche von der VSJF (Vereinigung für sozialwissenschaftliche Japanforschung) in Kooperation mit dem JDZB (Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin) und dem DIJ (Deutsches Institut für Japanstudien) in Tokyo veranstaltet wurde. Wir haben an der Konferenz teilgenommen und hatten danach noch die Möglichkeit mit einer der Veranstalter:innen, Frau Dr. Wiemann von der LMU München, über das Thema Tagungsveranstaltungen in Zeiten von Corona zu sprechen. Darüber möchten wir hier nun kurz berichten. 

Die Tagung fand von 09:00 bis 17:00 deutscher Zeit über Zoom statt. Interessant dabei war, dass simultan auch Vortragende und Teilnehmende aus Japan (und anderen Ländern) zugeschaltet waren. Inhaltlich war die Konferenz in drei Panels unterteilt:

  1. Change and Continuity in Energy Policy
  2. Tōhoku – Life between Nuclear Radiation and Reconstruction
  3. Civil Society and the State after 3.11

Ein Panel bestand jeweils aus 3 Vorträgen und einer anschließenden durch einen Moderator/eine Moderatorin geführten Diskussion, zunächst unter denVortragenden. Danach wurde die Diskussion jedoch geöffnet und auch die Teilnehmenden konnten Fragen und Diskussionsbeiträge, etwa über die Chat-funktion beitragen, was auch sehr gut angenommen wurde.

Zwischen den Panels gab es Pausen, in denen es die Möglichkeit gab, sich auf der Online-Plattform „Wonder“ zu vernetzen. Wonder soll das Vernetzen auf eine natürlichere Art ermöglichen als z.B. Zoom. Es gibt dabei einen virtuellen Raum mit mehreren kleinen Blasen, die entstehen sobald sich zwei Teilnehmer im Raum treffen. Alle Teilnehmer innerhalb einer Blase können sich nun sehen und hören und so miteinander sprechen. Die Blasen können nach Belieben verlassen und betreten werden, sodass man wirklich ein wenig das Gefühl bekommt in einem Foyer von einem Stehtisch zum nächsten zu gehen.

Im Zuge dieser Konferenz haben wir, Joshua Fricke und Christin Benckenstein, die Koordinatorin der Jahrestagungen, Frau Dr. Anna Wiemann, um ein Interview gebeten.

Wir haben das Interview in zwei Teile unterteilt. Im ersten Part ging Joshua den organisatorischen Hintergründen einer Konferenz und den eventuellen Schwierigkeiten aber auch Möglichkeiten, die die Organisation in Zeiten der Pandemie mit sich führt, auf den Grund. Im zweiten Teil fragte Christin nach den Möglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen unter den gegebenen Umständen einen Einstieg in die wissenschaftliche Community zu finden und inwiefern sich COVID-19 auf die Japanforschung auswirkt bzw. auswirken könnte.

Konferenzen in Zeiten von Corona – Neue Chancen?

Ein Bericht von Joshua Fricke.

Für mich war diese Konferenz nicht nur die erste Online-Konferenz, die ich je besucht habe, sondern die erste Konferenz überhaupt, die ich je besucht habe. Bei dem Gespräch mit Frau Dr. Wiemann hat mich deswegen besonders interessiert, wie die Planung einer Konferenz abläuft, wie sich dieser Prozess durch die Pandemie verändert hat und welche Probleme aber auch Chancen Online-Konferenzen mit sich bringen.

Frau Dr. Wiemann erzählte mir, dass die Planung für die Konferenz Ende 2019, als die Pandemie noch nicht absehbar war startete. Eigentlich war das Thema für eine, in der Regel dreitägige Jahrestagung der VSJF vorgesehen, welche im Herbst 2021 stattfinden sollte. Ein Grund für die lange Vorlaufzeit bei der Tagungsplanung sei dabei die Einwerbung von finanziellen Mitteln von etwa Stiftungen oder auch Universitäten. Hierfür seien Bewerbungen inkl. Vorlage eines Konzepts vonnöten. Nachdem jedoch durch die Pandemie die VSJF-Jahrestagung unter dem Titel „Deviance and Norms in Times of Change in Japan“, welche für Herbst 2020 geplant war, von ihren Organisator*innen D. Chiavacci und G. Vogt auf 2021 verschoben werden musste, fiel die Entscheidung die Veranstaltung „Continuity and Change 10 Years after 3/11“ aus thematischen Gründen als Konferenz nahe am 10. Jahrestag der Dreifachkatastrophe abzuhalten. Es wurde somit entschieden die Veranstaltung auf März 2021 vorzuziehen, anstatt sie auf November 2022 zu verschieben.

So musste das Konzept der Konferenz im Verlauf der Planung immer wieder verändert werden. Im Sommer 2020, als die Pandemiesituation recht gut aussah, war eigentlich geplant die Konferenz als eine Hybridveranstaltung stattfinden zu lassen. Die Veranstalter:innen, Verantwortlichen und Sprecher:innen hätten sich dann jeweils vor Ort in Berlin und Tokyo versammelt und die Konferenz wäre für die Teilnehmenden gestreamt worden. Als sich die Situation gegen Ende des letzten Jahres verschärfte, musste jedoch die Entscheidung getroffen werden, die Konferenz komplett online abzuhalten.

Als einen der größten Nachteile einer solchen Online-Konferenz oder Tagung bezeichnete Frau Dr. Wiemann, dass die wichtige Vernetzung zwischen den Wissenschaftler:innen nicht in dem Maße wie sonst stattfinden könne. Dies versuchten die Veranstalter:innen durch die Implementierung des schon beschriebenen „Wonder“ in den Pausen zu kompensieren. Mir jedenfalls hat das Ausprobieren sehr viel Spaß gemacht und dass etwa in einer der Pausen eine Mitarbeiterin von CrossAsia auf uns zukam und uns Hilfe im Umgang mit der Plattform anbot, ist nur ein Beispiel dafür, dass es viele kreative Wege geben kann mit den Einschränkungen in Zeiten der Corona-Pandemie umzugehen, auch wenn der persönliche menschliche Kontakt natürlich nicht vollständig zu ersetzen ist (oder ersetzt werden soll). So erzählte mir Frau Dr. Wiemann auch von den Vorteilen einer Online-Konferenz. Etwa konnten durch das Online-Format auch Personen teilnehmen, die sonst nicht hätten teilnehmen können, weil die Anreisekosten zu hoch gewesen wären oder dass trotz Zeitverschiebung simultan Personen in Japan oder auch den USA teilnehmen konnten. Mit über 210 Anmeldungen sei die Konferenz gut besucht worden.

Im Anschluss daran interessierte mich die Meinung von Frau Dr. Wiemann, ob Online-Konferenzen auch in Zukunft ohne pandemiebedingte Einschränkungen bestand haben könnten. Sie sagte mir, dass sie zwar nicht denke, dass Online-Konferenzen Präsenzveranstaltungen vollständig ersetzen, aber sehr gut ergänzen könnten und dass sich Tagungen in dieser Hinsicht auch nach der Pandemie verändern werden, auch dadurch, dass viele Personen durch die aktuelle Situation dazu gezwungen waren sich entsprechende Kenntnisse und Technik anzueignen. So sei es Frau Dr. Wiemanns Meinung nach realistisch, dass in Zukunft weiterhin Hybridveranstaltungen angeboten werden, bei denen einzelne Sprecher:innen hinzugeschaltet werden oder Tagungen gestreamt werden.

Corona und „Being Academic“ – nicht immer einfach, aber möglich

Ein Bericht von Christin Benckenstein.

Für mich war die Konferenz der VSJF die zweite Tagung, die ich im Verlaufe des Seminars „Being Academic“ besucht habe. Meine erste Tagung war die jährliche Tagung des AJJ (Anthropology of Japan in Japan) am 05. Dezember 2020. Die 2-tägige Tagung hat ebenfalls online stattgefunden, allerdings zur japanischen Zeit. Durch ihren Besuch konnte ich sowohl erste Einblicke über den Verlauf einer solchen Veranstaltung gewinnen als auch Unterhaltungen mit mehreren in Japan ansässigen Forscher:innen und japanischen Studierenden führen. Vor allem die Zeit zum Networken hat einen großen Eindruck auf mich hinterlassen, da mir vorher nicht bewusst war, wie eng verbunden die Community der Japanforschenden ist.

Während der Kaffeepausen des Seminars wurde sich offen über die derzeitige (Forschungs-) Situation, aber auch schlichtweg über Berufs- und Privatleben unterhalten. Selbst die Studierenden wurden mit in die Gespräche eingebunden, was mich persönlich sehr gefreut hat – eine kleine Hürde stellen Gespräche mit Professor:innen ja doch meistens für Studierende dar.

Durch die Gespräche bei der Tagung des AJJ wurde somit mein Interesse daran, welche Auswirkungen COVID-19 auf die Japanforschung und auch auf die Forschungs-Community hat, geweckt.

COVID-19 und Japanologie

Die Idee für meine erste Frage kam mir während der Vorträge der VSJF-Konferenz. Diese beschäftigte sich, wie anfangs erwähnt, explizit mit den Auswirkungen der Dreifachkatastrophe vom 11.03.2011, dem Tōhoku-Erdbeben. Während ich den Vorträgen zugehört habe, ist mir noch einmal verstärkt bewusst geworden, was für ein einschneidendes Erlebnis die Katastrophe für Japan sowohl politisch, wirtschaftlich als auch gesellschaftlich war. Dieser Gedanke führte mich dazu über die derzeitige globale Situation, der Pandemie, nachzudenken, die vermutlich sowohl für Politik und Wirtschaft vieler Länder als auch unzähligen Privatpersonen weitreichende Konsequenzen mit sich führen wird.

Daher war meine erste Frage an Frau Dr. Wiemann, inwiefern sie sich vorstellen könne, dass die Corona-Pandemie einen ähnlich starken und bleibenden Einfluss auf die Japanforschung haben könnte, wie es das Tōhoku-Erdbeben hat. Frau Dr. Wiemann beantwortete dies damit, dass die Pandemie in Zukunft wissenschaftlich ausgewertet werden müsse und auch bereits wird, insbesondere darauf, welche Einflüsse die COVID-19 Pandemie nicht nur auf die körperliche Gesundheit, sondern auch auf die Wirtschaft, Gesellschaft und Politik aller Länder gehabt hat. Dies sei allerdings natürlich nicht nur für Japan interessant, sondern für die ganze Welt, weshalb die Pandemie, anders als die Dreifachkatastrophe, welche ein räumlich begrenztes Ereignis war, in einem globaleren Kontext betrachtet werden müsse. Japans Umgang mit COVID-19 sei dabei allerdings durchaus eine wichtige Forschungsaufgabe der Japanologie, welcher in einem globalen Kontext erforscht werden könne.

In diesem Zusammenhang kamen wir auch auf das Thema zu sprechen, welchen Einfluss die Pandemie denn gerade jetzt auf die Forschung hat. Seit mehr als einem Jahr besteht ein Einreiseverbot für eine Vielzahl an Ländern nach Japan, welches für die Entstehung eines gewissen „Forschungsvakuums“ sorgt, das zumindest die Forschung von Personen, die nicht in Japan ansässig sind, zum Erliegen bringt oder zumindest erschwert. Frau Dr. Wiemann erwähnte dabei, dass dies vor allem für Doktorand:innen ein Problem darstellen würde, da diese an dem Punkt ihrer wissenschaftlichen Laufbahn stehen, an dem es notwendig sei eine eigene Feldforschung durchzuführen. Glücklicherweise seien gegen dieses Problem verschiedene Lösungswege gefunden worden. So wurden teils Stipendien und Verträge verlängert, um laufende Projekte nach der Pandemie weiterführen zu können, ebenso bestehe ein reger Austausch innerhalb der Wissenschaftscommunity insgesamt, inwiefern Zoom und ähnliche Programme genutzt werden können, um Daten zu erheben. Kreativität sei in diesen Zeiten gefragt.

COVID-19 und die wissenschaftliche Community

Ein Thema, welches mich als Masterstudentin besonders interessiert hat, war, inwiefern es Nachwuchswisschenschaftlern und -wissenschaftlerinnen möglich ist unter den gegebenen Umständen Fuß innerhalb der Forschungsgemeinschaft zu fassen. Während ich es zwar ungemein interessant fand zu sehen, wie eng verbunden die Community der Japanforschung zu sein scheint, so war ich bei meiner ersten Tagung doch auch ein wenig eingeschüchtert und fragte mich, „Wie soll ich dort jemals reinkommen?“.

Der Besuch der beiden Tagungen/Konferenzen und das Gespräch mit Frau Dr. Wiemann hat mir jedoch zwei Dinge verdeutlicht: 1. Es wird so gut wie möglich versucht, uns als Nachwuchs Plattformen zu geben, um einen Einstieg in die Community zu wagen und 2. braucht es Mut unsererseits.

So wurden von Seiten der VSJF zum Beispiel die Fachgruppensitzungen, bei denen unter anderem Studierende und Promovierende ihre derzeitigen Forschungsprojekte vorstellen können, unabhängig von der Konferenz im März abgehalten. Somit war es möglich in einem kleineren, aber trotzdem offenem Kreis Feedback und Anregungen zu aktuellen Forschungsprojekten zu erhalten.

Ebenso gab es bei beiden Tagungen, wie schon erwähnt, die Möglichkeit sich mit den Vortragenden und den Teilnehmern zu verbinden, anregende Gespräche zu führen oder sich einfach gemeinsam über die derzeitige Situation der Pandemie auszulassen. Mit diesen ganzen Möglichkeiten ist das Einzige, was uns dann noch übrigbleibt, unseren Mut zusammenzufassen und Gespräche zu initiieren. Denn wie Frau Dr. Wiemann es so schön formuliert hat, auch bei Präsenztagungen muss man im Endeffekt mutig sein, um für sich selbst Chancen zu schaffen.

Ein Wort zum Ende

Abschließend möchten wir uns noch einmal bei Frau Dr. Stephanie Osawa, die das Modul Being Academic geleitet hat, dafür bedanken, dass Sie für uns den Kontakt zu Frau Dr. Wiemann hergestellt hat.

Ebenso gilt unser herzlichster Dank auch Frau Dr. Anna Wiemann, 2. Vorsitzende und Koordinatorin der Jahrestagungen der VSJF, für die Zusage zu unserem Interview und für die Geduld mit unseren manchmal nicht einfachen Fragen. Aus studentischer Sicht hat uns das Gespräch nicht nur Aufklärung bezüglich der Hintergrundvorgänge bei der Organisation einer wissenschaftlichen Konferenz im Allgemeinen und unter den derzeitigen erschwerten Umständen gegeben, sondern auch Hoffnung für die Zukunft. Gerade als Studierende fühlt man sich während der COVID-19 Pandemie oft vergessen und es ist nicht einfach Optimismus bezüglich des Studiums und der Zukunft zu beizubehalten, aber ein Satz, den Frau Wiemann am Ende unseres Gespräches gesagt hat, ist uns noch immer im Gedächtnis:

„Wir sollten nicht darüber nachdenken, was wir nicht machen können, sondern darüber, was wir gerade machen können.“

Wir denken, dass dies eine Aussage ist, die wir uns derzeit immer wieder vor Augen führen sollten. Auch wenn die Pandemie einiges erschwert, so gibt sie uns doch auch Anregungen für neue Möglichkeiten und Chancen, die wir vorher vielleicht nicht wahrgenommen hätten.

In dem Sinne hoffen wir, dass wir auch die verbleibenden (hoffentlich bald wieder in Präsenz stattfindenden) Semester so gut wie möglich überstehen und die Hoffnung nicht verlieren!