Vom 06. September bis 08. September fand in Wiesbaden die Connichi statt. Anders als andere Großveranstaltungen, die sich der japanischen Populärkultur widmen, bietet die Connichi neben den bekannten Konsummöglichkeiten um Manga, Anime, Merchandise und japanisches Essen auch die Plattform für Veranstaltungen zwecks Kultur- und Wissensvermittlung.
©Mirco Heller
So gibt es jedes Jahr die Japanforschung im Programm der Vorträge und Workshops. In diesem Jahr war Düsseldorf mit Vorträgen von aktuellen und ehemaligen Dozierenden des Instituts Modernes Japan besonders zahlreich präsent.
Wir möchten euch hier ein paar Einblicke von der Connichi und von den Vorträgen geben.
Den Anfang machte Timo Thelen, der 2018 seinen Doktorgrad an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf erwarb und bei uns am Institut einige Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war, ehe es ihn als Deutschlektor an die Universität Kanazawa verschlug.
©Mirco Heller
In seinem Vortrag widmet er sich den japanischen traditionellen Monster (yokai). Welche vormodernen Ursprünge haben sie, und wie werden sie in der heutigen Popkultur aufgegriffen? Vor welchen sollte man sich fürchten, und über welche darf man eher lachen?
Anhand von Monster-Beispielen und deren Darstellung im Laufe der Epochen wurden diese Fragen beantwortet. Darüber hinaus gab es einen Einblick in die ethnologische Interpretation von übernatürlichen Phänomenen und deren Ausprägung in Gesellschaft und Kultur – in Japan sowie im Ausland.
©Mirco Heller
Julia S. Zhu, seit 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Modernes Japan, war besonders beschäftigt auf der Connichi. So gab Sie kurz vor Ihrem Vortrag noch schnell ein Interview für einen Beitrag der arte-Mediathek, der sich mit dem Thema LGBTQ in der japanischen Populärkultur beschäftigt. Anschließend ging es an Ihren Vortrag unter dem Titel „Autistisch in Japan“.
©Mirco Heller
»Ich war schon immer anders«: Der Autismus-Spektrums-Diskurs bewegt sich seit den 90ern von »Störung« hin zu natürlicher Neurobiodiversität. Auch in Japan und Ostasien gibt es zunehmend mehr Plattformen für autistische Personen, Menschen mit kognitiven und sozialen Unterschieden. Doch wie bemessen wir diese sog. »Störungen der sozialen Interaktion« wenn die soziale Interaktion kulturell anders ist? Ist es gar einfacher, mit Autismus in Japan (bzw. Ostasien) zu leben? Oder schwerer? In diesem Zusammenhang wurde das ehemals rein klinisches Phänomen aus menschlicher Sicht betrachtet.
©Mirco Heller
Anna-Lena von Garnier, ebenfalls ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Modernes Japan, beschäftigte sich in Ihrem Vortrag am Samstagabend mit den Darstellungen von Sex, Mord und Essstörungen in japanischer Literatur.
In der modernen japanischen Literatur finden sich häufig Tabubrüche wie die explizite Darstellung von Gewalt, Sex und »ekligen« Körperfunktionen. Der Vortrag untersuchte unter anderem Werke von Murakami Ryû und Kirino Natsuo, die bewusst gesellschaftliche Normen und Tabus brechen, um auf Missstände und Probleme hinzuweisen. An mehreren Beispielen wurde gezeigt, wie Autor:innen Tabubrüche nutzen, um Kritik an der Gesellschaft zu üben und welche Motive dahinter stecken.
Mirco Heller, seit 2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Modernes Japan, widmete sich während der ersten Veranstaltungstage auf der Connichi seiner Feldforschung, ehe er am Sonntag unter dem Titel „Kulinarisches Erleben in Japan“ Einblicke in Japans Erlebnis- und Themengastronomie präsentierte.
©Christina Zhu
Essen im Gefängnis, Trinken in einer japanischen Grundschule oder ein Begräbnis in einer Geisterbar – Japans Themengastronomie biete durch einzigartige Kulinarik und ausgefallene Aktivitäten ein außeralltägliches Erlebnis. Welche Rolle spielen Phänomene wie Eskapismus, Reisemotive, Erlebnisinszenierung, Authentizität sowie Social Media und die Bedeutung der Gastronomie als sozialer Interaktionsraum bei diesem Trend? Auf Basis theoretischer Grundlagen zu Erlebniskonsum und Raumsoziologie wurde der Reiz des Besuchs von Themengastronomie in Japan diskutiert und konkrete Beispiele aufgezeigt.
©Christina Zhu
An dieser Stelle möchten wir abschließend darauf aufmerksam machen, dass die Connichi auch Studierenden die Möglichkeit bietet, ihre Forschung aus Bachelor- und Masterarbeiten in Vorträgen zu präsentieren. Wenn du also schon immer mal deine Forschungsergebnisse vor größeren Zuschauergruppen präsentieren und deine Erkenntnisse vermitteln wolltest, ist die Connichi eine ideale Plattform für dich!
©Mirco Heller
Die nächste Connichi findet vom 05. bis 07. September 2025 in Wiesbaden statt. Tickets könnt ihr bereits ab dem 01. November diesen Jahres unter https://www.connichi.de/ erwerben.
Ein Bericht von Mirco Heller.