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Bachelor Plus 5 Questions

Spielend forschen. Eine dichte Beschreibung der fighting game community in Chiba

In unserer Interviewreihe über die Forschungsprojekte des dritten Bachelor Plus Jahrgangs sprechen wir heute mit Gerrit Neumann. Herr Neumann hat seinen Japanaufenthalt an der Chiba Daigaku verbracht und führte sein Forschungsprojekt für den BA+ an einem ungewöhnlichen Ort durch: In einer japanischen Videospielarcade beschäftigte er sich mit der Szene der dortigen Spielerinnen und Spieler. Für viele junge JapanerInnen sind Videospiele ein fester Bestandteil des Alltags. Teil dieses Phänomens ist dabei die sogenannte „E-Sport“-Subkultur (kurz für „elektronischer Sport“), die mit dem traditionellen Sport dahingehend verwandt ist, als dass es auch hier um das Messen im Wettkampf geht. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass im E-Sport Computerspiele gespielt werden. In seinem Projekt geht es Gerrit Neumann darum, eine dichte Beschreibung der Community einer Videospielarcade in Chiba, ihrer Struktur und ihres Aufbaus zu erstellen.

BA+: Herr Neumann, Sie haben sich einen Forschungsort ausgesucht, der auf den ersten Blick eher ungewöhnlich erscheint. Deutsche Spielhallen gelten als nicht besonders attraktiver Ort – wie kann man sich denn eine japanische Arcade von innen vorstellen?

Sehr laut! Hier ist Reizüberflutung sozusagen vorprogrammiert. Typischerweise gibt es viele Arten von Spieleautomaten, wovon die meisten nichts mit kompetitiven Spielen zu tun haben. Dinge wie Greifautomaten oder Lightgun-Shooter gehören dazu. Die meisten Arcades haben mehrere Ebenen, die dann meistens einen gewissen Schwerpunkt haben. So gibt es z.B. Greifautomaten auf einer Ebene, Prügelspiele auf der nächsten etc. Generell lässt sich so etwas schwer durch Worte vermitteln. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Mit deutschen Spielhallen, die eigentlich nur Glücksspiel-Automaten enthalten, haben japanische Gamecenter eher weniger zu tun, auch wenn es diese Automaten dort ebenfalls gibt.

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BA+: Für Ihr Projekt haben Sie sich ja die Szene rund um ein bestimmtes Spiel angeschaut und sich mit denjenigen beschäftigt, die „BlazBlue“ spielen – worum geht es denn bei „BlazBlue“?

Es handelt sich um ein sogenanntes Prügelspiel, d. h. man steuert eine Spielfigur und kämpft gegen die Spielfigur eines Gegners. Mittels verschiedener Angriffe versucht man, die Lebenspunkte des Gegners auf null zu reduzieren, um eine Runde zu gewinnen. Es können immer nur zwei Spieler gleichzeitig gegeneinander spielen. In der Arcade gibt es dafür Automaten, an denen die Kontrahenten auf den sich gegenüberliegenden Seiten Platz nehmen. Die Steuerung erfolgt mittels eines Joysticks und mit Knöpfen. Darüber hinaus kann das Spiel auch auf Heimkonsolen gespielt werden.

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BA+: Teil Ihrer Feldforschung war es dann ja sicher auch, auch selber „BlazBlue“ zu spielen. Wie schneiden Sie denn im Vergleich zu Ihren ForschungspartnerInnen, den japanischen Spielerinnen und Spielern ab?

Um ehrlich zu sein, habe ich das Spiel seit langer Zeit nicht mehr geübt, da ich in der Zwischenzeit andere Spiele gespielt habe. Außerdem war ich in Chiba in einer in Japan sehr bekannten Arcade für „BlazBlue“ wo sich sehr viele hervorragende Spieler aufhalten, sodass ich praktisch keine Chance hatte. Ich bin skill-technisch weit unterlegen und mache aufgrund fehlender Spielpraxis und Übung sehr viele technische Fehler. Erschwerend kommt hinzu, dass die neueste Version des Spiels in Japan bereits ein halbes Jahr spielbar war, bevor ich überhaupt die Chance hatte, sie auszuprobieren. Hin und wieder schaffte ich jedoch einen Upset-Win [der unterlegene Part schlägt überraschend den Favoriten]. Ernst nahmen mich meine Gegner aber nicht wirklich…

BA+: Auch wenn die Spielerinnen und Spieler der Arcade Sie nicht als gleichwertigen Gegner wahrgenommen haben, wie haben Sie den Zugang zu Ihnen gefunden und den Feldeinstieg geschafft?

Ich habe vor dem Antritt des Auslandsjahrs einen Spieler via Twitter angeschrieben. Diesen habe ich jedoch nur zwei Mal gesehen, da er aufgrund seines Studiums keine Zeit mehr zum Spielen hatte. Der Kontakt mit anderen SpielerInnen kam dadurch zustande, dass ich einfach regelmäßig in die Arcade gegangen bin. Es gab zwar große Probleme bei der Kommunikation, aber dennoch kam es bei meinen Besuchen in der Arcade immer mal wieder zum Kontakt, vor allem in Team-Turnieren. Der intensivste Kontakt kam tatsächlich in den Interviews an sich zustande, da die Interviewpartner sich dann auch mal trauten, eigene Fragen zu stellen.

Bild4BA+: Wenn Sie nun nach Ihrer Rückkehr aus Japan und mit etwas zeitlichem Abstand eine Art Fazit ziehen, welche Erfahrungen haben Sie bei Ihrer Feldforschung im Bachelor Plus gemacht?

Wenn man eigentlich ein introvertierter Typ ist, der für sein Forschungsprojekt aktiv auf andere Menschen zugehen muss und gleichzeitig auch die Sprache nicht besonders gut kann, bekommt man schon Probleme. Man sollte auch mal vom schlimmsten Fall ausgehen und nicht ins Träumen geraten, denn in den allermeisten Fällen kommt sowieso alles anders, als man denkt. Wenn man dann unrealistische Erwartungen hatte, baut man nur unnötig Druck auf sich selbst auf. Man sollte stattdessen so nüchtern an die Sache herangehen wie möglich und auch seinen Frieden mit der Möglichkeit des Scheiterns machen. Das nimmt den Druck. Man sollte aber niemals aufgeben und selbst wenn man sich selbst keinen Rat mehr weiß, konsequent das Programm durchziehen – auch wenn das manchmal einfach heißt, regelmäßig im Forschungsfeld präsent zu sein, ohne etwas Besonderes zu machen.

BA+: Wie Sie uns im BA+ Kolloquium berichtet haben, wurden Sie nach anfänglichen Schwierigkeiten von den Spielerinnen und Spielern trotz Ihrer vielleicht nicht hervorragenden Technik bei „BlazBlue“ doch noch als Teil der Community akzeptiert 😉 Wir danken Ihnen für Ihre ehrlichen Worte über mögliche Schwierigkeiten bei der Feldforschung. Sie haben aber ja selber bewiesen, dass Durchhaltevermögen und Geduld dann letztendlich doch noch zum Erfolg führen. Diesen wünschen wir Ihnen auch für die Zukunft und den weiteren Verlauf Ihres Projekts!

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