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Bachelor Plus 5 Questions

Feldforschung im „Haus der wilden Blume“

Der Arbeitsalltag im Kinderheim Nonohana no Ie

Den Abschluss unserer Interviewreihe mit dem zweiten Jahrgang der Bachelor Plus Studierenden bildet Ulrike Miglo mit ihrem BA+ Projekt „Spielen, helfen, fördern – Einblick in den Arbeitsalltag im Kinderheim Nonohana no Ie“. Frau Miglo war an der Chiba Daigaku und hat während ihres Japanaufenthaltes wie Ute Blazejak und Stephanie Segener im Rahmen Ihrer BA+ Forschung als Volunteer gearbeitet. Am Kinderheim Nonohana no Ie interessierte sie sich besonders für die Perspektive der dort arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Nonohana no Ie wurde 1984 gegründet und beherbergt über 50 Kinder im Alter von 2-18 Jahren.  

BA+: Frau Miglo, was ist denn die Idee hinter dem Nonohana no Ie?

Das Nonohana no Ie ist ein von der Regierung unterstütztes Kinderheim in der Präfektur Chiba. Man versucht dort, sowohl japanischen als auch nicht-japanischen Kindern ein zweites Zuhause zu geben. Das Wort Nonohana bedeutet auf Deutsch übersetzt „wilde Blume“. Dementsprechend ist es das Ziel des Heimes, dass die Kinder dort wie „wilde Blumen“ zu starken, selbstsicheren Menschen heranwachsen.

Nonohana no Ie 1

Außenansicht des Nonohana no Ie

BA+: Sie haben sich während Ihrer Feldforschung ja besonders für die Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nonohana no Ie interessiert. Was sind das für Leute, die im Nonohana no Ie arbeiten und sich für die Kinder dort engagieren?

Am Nonohana no Ie arbeiten ganz unterschiedliche Menschen. Sie unterscheiden sich durch ihren jeweiligen Job im Heim, durch ihren Charakter oder auch das Alter. Auch die Wege, auf denen sie zum Nonohana no Ie kamen, sind sehr unterschiedlich. Oft ist es Zufall. In anderen Fällen ging es ihnen ähnlich wie mir bei meinem ersten Kontakt mit dem Nonohana no Ie: Sie fanden das Heim zum Beispiel im Internet, waren von der Beschreibung begeistert und kamen her. Was sie alle – zumindest diejenigen, mit denen ich während meines Aufenthaltes dort sprechen konnte – gemeinsam haben, ist der Wunsch, mit Kindern zu arbeiten. Sie toben und albern mit den Kindern herum, geben den Kindern aber auch deutlich zu verstehen, wann es genug ist.

Nonohana no Ie 2

© Nonohana no Ie

BA+: Wie würden Sie denn insgesamt die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Kindern im Nonohana no Ie beschreiben?

Ich persönlich habe eigentlich nur gute, herzliche Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Kindern erlebt. Die Mitarbeiter kennen jedes Kind, ob es nun aus ihrer eigenen Gruppe ist oder aus einer anderen. Die Kinder können die Mitarbeiter immer ansprechen, auch wenn diese vielleicht gerade in einer Besprechung sitzen, und bekommen die Hilfe, die sie brauchen. Die Mitarbeiter spielen mit den Kindern draußen oder im Haus, fahren sie zu Treffen ihrer Schulklubs (auch wenn diese mal etwas weiter weg stattfinden können), helfen bei den Hausaufgaben und essen auch mit den Kindern. Auch sprechen die Kinder die Angestellten meist nicht mit deren Nachnamen, sondern mit Spitznamen an.

BA+: Wie Sie im BA+ Online Kolloquium berichtet haben, gestaltete sich die Kontaktaufnahme mit dem Nononohana no Ie am Anfang ja nicht ganz einfach. Wie haben Sie es dann doch noch geschafft, regelmäßig das Heim zu besuchen und als Volunteer dort arbeiten zu können, um die teilnehmende Beobachtung für Ihr Forschungsprojekt durchführen zu können?

In der Tat war es recht schwierig, einen anhaltenden Kontakt zum Heim aufzubauen. Das erste Hindernis der falschen Mailadresse war relativ schnell gelöst, doch auch danach verlief der Kontakt eher schleppend. Bei meinem ersten Besuch besprach ich zusammen mit zwei Mitarbeitern mein Forschungsvorhaben und bekam auch eine positive Rückmeldung. Einen regelmäßigen Besuchstermin konnte ich jedoch letztendlich erst im April ausmachen. Ich denke, dass dies zum großen Teil daran lag, dass ich nicht aufgegeben habe mit den Versuchen, den Kontakt, vor allem über Mail, aufrechtzuerhalten. Ob meine vielen Emails sie vielleicht irgendwann genervt haben weiß ich nicht, jedoch war es für mich persönlich ein großer Meilenstein, als ich im April zu einer erneuten Besprechung des weiteren Forschungsvorhabens eingeladen wurde. Seit diesem Tag habe ich dann durch meine Besuche einen regelmäßigeren Einblick  in den Alltag im Heim bekommen können.

BA+: Sie haben also anfängliche Schwierigkeiten im Feld gut meistern können! Was würden Sie anderen Studierenden raten, die ähnliche Anfangsschwierigkeiten bei der Durchführung ihrer Forschungsprojekte haben?

Ich denke, das Wichtigste ist, einfach dranzubleiben und Präsenz zu zeigen. Ich hatte natürlich den Vorteil, dass ich bereits vor meiner Abreise von Deutschland aus Kontakt mit dem Heim aufgenommen hatte. Also konnte ich zumindest sicher sein, dass es das Heim noch gibt. Das gab mir anfangs, als überhaupt keine Antwort kam, doch eine gewisse Sicherheit. Aber auch dann, wenn man erst in Japan, oder wo man seine Forschung betreiben möchte, die Kontaktaufnahme beginnt, bleibt es dabei, dass es wichtig ist, nicht aufzugeben. Wenn auf die erste Mail keine Antwort kommt, eine zweite schreiben. Wenn auch darauf keine Reaktion kommt, anrufen oder selber hinfahren. Spätestens dann kommt man sicherlich in ein Gespräch mit einem Verantwortlichen. Schlimmstenfalls stößt man auf ein Nein, und dann hat man die Klarheit, dass man sich anderweitig umschauen muss. Die Möglichkeit einer Absage muss man natürlich ebenfalls in Betracht ziehen, und daher denke ich, es ist wichtig, relativ bald nach anderen Wegen der Kontaktaufnahme zu suchen, sollten die ersten nicht funktionieren. Irgendwann bleibt sonst keine Zeit mehr, sich nach Alternativen umzusehen. Ich kann also nur raten, nicht schnell aufzugeben, auch wenn man vielleicht das Gefühl hat, dass die Sache nicht in Gang kommt.

BA+: Frau Miglo, wir freuen uns, dass Sie nicht aufgegeben haben und  Ihr Projekt erfolgreich durchführen konnten! Vielen Dank, dass Sie uns von Ihren Erfahrungen erzählt haben!