Handyromane, Boys‘-Love-Manga, Visual Kei und „Cool Japan“ – ein breites Angebot an Themen stand auf dem Programm des Japan-Pop-Workshops, den das Institut für Modernes Japan (Organisation: Julia Schmitz und Elisabeth Scherer) am 29. Januar 2010 veranstaltete. Entsprechend groß war auch der Andrang: Mehr als 100 Interessierte kamen im Vortragssaal der Universitätsbibliothek zusammen, darunter auch Studierende aus Trier, Bonn und Frankfurt.
Dem neuen literarischen Phänomen Handyroman (keitai shôsetsu) widmete sich Johanna Mauermann (Universität Frankfurt) in ihrem Vortrag. Etwa seit dem Jahr 2000 verzeichnen in Japan Geschichten, die eigens für das Lesen auf dem Handy verfasst werden, sehr große Erfolge. Im Jahr 2007 waren in Japan auf der Liste der zehn meistverkauften Romane des Jahres fünf Werke vertreten, die ursprünglich als Handyroman erschienen waren. Johanna Mauermann erläuterte die Entstehungsgeschichte der keitai shôsetsu, stellte einige Beispiele vor und wies auf die Besonderheiten dieses literarischen Genres hin. Ein Handyroman diente zum Beispiel auch als Vorlage für die erfolgreiche Fernsehserie Akai Ito (Fuji TV, 2008/2009).
Marco Höhn (Universität Bremen) thematisierte in seinem Vortrag „Visual Kei – eine populäre Medienkultur (in Deutschland)“ aus medienwissenschaftlicher Perspektive die Visual Kei- Szene. Als Visual Kei wird eine Jugendkulturszene bezeichnet, in der nicht nur die Musik allein (J-Rock, J-Pop) zählt, sondern ebenso sehr die ästhetische Erscheinung der Musikbands sowie die eigene optische Inszenierung. Anhand eines Kreislauf-Modells zeigte Höhn die Prozesse der Produktion, Repräsentation und Aneignung einer Medienkultur auf. Visual Kei lässt sich als deterritoriale Medienkultur charakterisieren, die überwiegend mediengeneriert ist (Internet) und sämtliche Szeneaspekte umfasst. Höhn ging außerdem auf den Bereich Cosplay (Costume Play) ein, den er in einen Kontext mit Visual Kei stellte.
Mit sogenannten fujoshi, „verdorbenen Mädchen“, beschäftigte sich der Vortrag von Björn-Ole Kamm (Universität Leipzig).Als fujoshi bezeichnen sich selbstironisch die Leserinnen männlich-homosexueller Manga und Romane, die als Boys‘ Love (BL) oder yaoi bekannt sind. Kamm ging es in seiner Forschung darum, sich mit den „verdorbenen“ Mädchen und Frauen selbst zu beschäftigen, statt lediglich – wie dies bei bisherigen Studien meist der Fall war – auf die inhaltliche Ebene der Manga einzugehen und daraus Schlüsse auf die Motive der Leserinnen zu ziehen. Björn-Ole Kamm befragte fujoshi in Japan und Deutschland und kam dabei zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Boys‘-Love-Fans um eine sehr heterogene Gruppe handelt. Ältere Forschungen, die pauschal sexuelle Probleme oder Wirklichkeitsflucht als Erklärungen für die Vorlieben der fujoshi anführen, sind damit nach Kamm als pathologisierend und eindimensional einzustufen. Ein Thesenpapier zu Björn-Ole Kamms Vortrag ist zusätzlich hier erhältlich.
„Cool Japan – coole Japanologie? Der Diskurs um den weltweiten Boom der japanischen Populärkultur“, so lautete der Vortrag von Cosima Wagner (Universität Frankfurt). Darin beschäftigte sie sich mit verschiedenen Themenschneisen und jeweils entsprechenden Forschungsfragen. Als erste Themenschneise charakterisierte sie Japan als Marke sowie den Zusammenhang zwischen Populärkultur und Soft Power. Fan-Studien und die Frage nach einer möglichen gobalen ‚Japanisierung’ der gegenwärtigen (Jugend-) Kultur stellte die zweite Themenschneise dar. Die dritte Themenschneise widmete sich Detailstudien zur japanischen Populärkultur, in denen unterschiedliche Bereiche wie Manga, Anime, Cosplay und Visual Kei aufgegriffen werden. Anhand mehrerer Beispiele zeigte Wagner außerdem auf, wie die japanische Populärkultur bereits Einzug in den Alltag in Deutschland gehalten hat.
(Elisabeth Scherer und Julia Schmitz)