Studierendenberichte

Sprachliche Brücken bauen: Das Untertitelungsprojekt zu Sunrise – Ein Bericht von Etnik Lekaj

Der Bachelor-Studierende Etnik Lekaj berichtet im Folgenden von der Teilnahme am Untertitelungsprojekt zum japanischen Kurzfilm Sunrise im Seminar von Dr. Michaela Oberwinkler:

Japan brachte bereits große Filmemacher:innen wie Akira Kurosawa, Hayao Miyazaki, Hirokazu Koreeda oder Satoshi Kon hervor, deren Werke seit jeher Filmfans aller Welt begeistern. Ohne dass ihre Filme übersetzt worden wären, hätten sie allerdings niemals den Ruhm außerhalb Japans erlangt, der ihnen heute zuteilwird. Gute Übersetzungen sind entscheidend für die globale Anerkennung von Filmen und Filmemacher:innen. Doch was genau macht eine gute Übersetzung aus? Mit dieser Frage beschäftigten wir uns im diesjährigen Untertitelungskurs unter der Leitung von Dr. Michaela Oberwinkler und zwei Mitarbeiter:innen der Japan Visualmedia Translation Academy (JVTA). Der Film, den wir übersetzen sollten: Sunrise. Ein Kurzfilm von der Nachwuchsfilmemacherin Natsuka Yashiro aus Japan.

In dem Film spielt die Regisseurin und Autorin selbst die Hauptrolle des gleichnamigen Charakters Yashiro. Yashiro möchte Filmemacherin werden, ist allerdings von Selbstzweifeln geplagt, die sie beinahe davon abhalten, sich ihren Lebenstraum zu erfüllen. Von außen erhält sie sowohl Zuspruch als auch entmutigende Stimmen, die ihr einreden wollen, es sei reine Zeitverschwendung. Im Höhepunkt des Films überwindet sie aber diese Zweifel und fasst den Entschluss, sich ihren Traum zu erfüllen.

Der Film wurde zuvor von den Mitarbeiter:innen der JVTA transkribiert und uns zum Schauen und Lesen zur Verfügung gestellt. In Gruppen von vier Studierenden sollten wir den uns zugeteilten Abschnitt des Films gemeinsam ins Englische übersetzen und anschließend mit dem gesamten Kurs besprechen. Für die nachfolgenden Sitzungen wurden uns andere Abschnitte zugeteilt, deren Übersetzungen wir überarbeiten sollten. Die Mitarbeiter:innen des JVTA leiteten diese Sitzungen, gaben uns Feedback und standen uns für alle möglichen Fragen zur Verfügung. Geschickt vermieden sie es jedoch, uns direkte Lösungsvorschläge zu geben. Selbst wenn sie bereits ein bestimmtes Wort im Kopf hatten, gaben sie uns lediglich Denkanstöße und ließen nicht locker, bis wir eine zufriedenstellende Alternative gefunden hatten.

Im Laufe des Kurses wurde der Inhalt des Films sowie die Bedeutung der Dialoge immer klarer. Verschiedene Übersetzungen boten verschiedene Interpretationsmöglichkeiten, doch mit jeder Überarbeitung flossen neue Ideen ein, und es wurden neue Erkenntnisse gewonnen. So dachten anfangs noch einige Studierende, es handele sich bei dem Film um einen Thriller, doch stellte es sich später als Coming-of-Age-Drama heraus. Das Highlight war die letzte Sitzung, an der die Regisseurin, Autorin sowie Hauptdarstellerin des Films, Yashiro, teilnahm. Wir hatten die Gelegenheit, Fragen zu stellen, um Unklarheiten zu beseitigen, und erhielten Einblicke in ihre Intentionen, über die wir bis dahin nur mutmaßen konnten. Es stellte sich zudem heraus, dass es sich bei dem Film um eine Darstellung ihrer eigenen Erfahrungen aus der Schulzeit handelt.

Ob sich die junge Natsuka Yashiro irgendwann zu den oben genannten internationalen Berühmtheiten der japanischen Filmindustrie einreihen darf, bleibt abzusehen; doch ich hoffe, dass wir ihr durch unsere Übersetzung zumindest ein wenig unter die Arme greifen konnten.

Ein Bericht von Etnik Lekaj.