Austausch und Japanaufenthalt, Studierendenberichte

Nebenjob im Auslandssemester – Ein Bericht von Marie Wanninger

Einen Nebenjob während des Auslandaufenthalts in Japan haben. Darüber haben bestimmt viele von euch schon einmal nachgedacht. Ein bisschen Geld verdienen und vielleicht noch die eigenen Sprachkenntnisse verbessern – aber wie ist das wirklich? Marie Wanninger (KF-Bachelor Modernes Japan) hat im letzten Jahr an der Doshisha-Universität in Kyōto studiert und nebenher in einem Ramen-Laden gearbeitet. Dies war jedoch „kein normaler Ramen-Laden“, wie sie selbst sagt, sondern einer, der sich auf glutenfreie und vegane Ramen spezialisiert hat. Sie arbeitete dort als Servicekraft, bediente Gäste, kümmerte sich um die Speisen und um das Saubermachen. Wie es sonst so war und welche Herausforderungen es gab, erzählte sie uns im Interview.

Marie, wie bist Du auf den Job im Ramen-Laden eigentlich aufmerksam geworden?

Ich bin damals durch einen Bekannten vermittelt worden. Es gibt aber auch eine Seite auf der man nach Jobs schauen kann (hier spezifisch für Ausländer: YOLO JAPAN Services and Jobs in Japan for foreign nationals living and working in Japan).

…und hattest Du irgendwelche Vorerfahrungen?

Nein, ich habe vorher noch nie in der Gastronomie oder so gearbeitet.

Was für Bewerbungsunterlagen brauchtest Du und wie lief das Bewerbungsgespräch ab?

Da ich vermittelt wurde, musste ich nur meinen Stempel vorweisen können und eine Kopie meines Visas abgeben. Ich habe direkt mit dem Chef gesprochen, der zB Fragen zu verschiedenen Themen gestellt hat: z.B. Wie viel ich an der Uni zu tun habe; wie oft und lange  ich arbeiten möchte; wie gut mein Englisch/Japanisch ist; ob ich schon einmal einen Nebenjob gemacht habe.

Das ging ja schon mal einfach. Aber wie war das mit dem Visum und der Universität? Gab es da spezielle Voraussetzungen?

Nein, von der Universität aus nicht, aber, wenn man in Japan einreist, legt man bei der Grenzkontrolle sein Visum vor. Man wird dann gefragt, ob man arbeiten möchte. Ich würde empfehlen, egal ob man vor hat zu arbeiten oder nicht, dies zu bejahen. Denn dann bekommt man einen ganz bestimmten Stempel, der es einem erlaubt überhaupt arbeiten zu dürfen. Wenn man dann später nicht arbeiten sollte, ist das nicht schlimm. Ich würde das nur empfehlen, da man sonst, wenn man bei der Grenzkontrolle ablehnt, sich aber später entscheidet arbeiten zu wollen, zu einer bestimmten Stelle in Japan muss, um sich das dort nachträglich ausstellen zu lassen, was sehr zeitintensiv und lästig sein kann.

Es gibt zu dem Stempel dann ein Blatt, wo alle Vorschriften draufstehen (wie lange und wie oft man arbeiten darf, wo und wo nicht, etc.)

Okay, alles klar! Und als Du dann angefangen hast im Ramen-Laden zu arbeiten, wie sah das aus?

Ich habe anfangs drei Mal die Woche gearbeitet immer von 15 Uhr bis ungefähr 0 Uhr. Ich wurde allerdings aber auch anfangs nicht „richtig“ bezahlt, wegen Probearbeiten Danach habe ich auf zwei Tage reduziert und habe von 16/17 Uhr bis ca. 23 Uhr gearbeitet und es konnte nur freigenommen werden, wenn man Ersatz gefunden hat oder wirklich sehr krank ist. Insgesamt habe ich etwas über ein halbes Jahr dort gearbeitet.

…und die Bezahlung?

Ich denke, ich habe pro Stunde ca. 1000/1500 Yen verdient. Manchmal gab es bei Einzelnen ein paar Yen als Bonus, aber woran das festgemacht wurde, weiß ich nicht.

Ich habe auch anfangs netterweise einen Pendler-Bonus bekommen, da ich da noch in Kyotanabe gewohnt habe. (Dies ist ca. 40 Minuten mit der Bahn vom Stadtkern in Kyôto entfernt)

…von den ganz praktischen Dingen einmal abgesehen, eine Frage, die wohl viele beschäftigt: Wie ging es Dir mit Deinen japanischen Sprachkenntnissen?

Es war anfangs schon recht schwierig, da unter den Kolleg*innen viel Keigo gesprochen wurde. Aber man ist durch den ständigen Kontakt schnell reingekommen und hat die internen Phrasen übernommen 😉

Diese Arbeitsstelle war jedoch auch sehr auf Ausländer ausgelegt, also habe ich mit den Kund*innen nur sehr selten Japanisch gesprochen. Eher Deutsch (ja, viele Deutsche waren da haha) und Englisch.

Aber insgesamt gefiel es mir, dass man gezwungen war, auf Japanisch zu sprechen. (Man kann doch oft mehr als man sich zutraut!)

Wie war das Verhältnis zu den Kolleg*innen und Deinem Chef?

Mit den anderen Studierenden, die dort gearbeitet haben, habe ich mich zunächst sehr gut verstanden. Wir konnten uns viel zu positiven als auch negativen Dingen austauschen. Zu meinen Chef hatte ich so ein recht gutes Verhältnis.

Gab es auch Situationen, die Du besonders herausfordernd fandest?

Wenn es Probleme mit Bestellungen gab, war es teilweise schwer das auf Japanisch zu kommunizieren, vor allem wenn es schnell gehen musste. Der Laden war immer voll, weshalb alle oft gestresst waren, da war es oft so, dass meine limitierten Sprachkenntnisse im Weg waren.

Und was hat Dir vielleicht auch gar nicht gefallen? Womit hattest Du richtige Probleme?

Immer wenn Fehler gemacht wurden, bekamen die ausländischen Aushilfen Schuld dafür (ich inkludiert). Ich wurde beleidigt und beschimpft und den ausländischen Aushilfen wurden die Arbeitszeiten gestrichten, weil „die Japaner das Geld gerade mehr brauchen/verdienen“. Man wurde mit unglaublichem Druck und Drohungen konfrontiert.

Das Verhältnis mit meinen Kollegen war zunächst sehr gut. Wenn problematische Sachen passiert sind, hatte ich zunächst immer das Gefühl, dass ich mich an meine Gruppe aus anderen Kollegen wenden kann, die mich in schwierigen Zeiten sehr supportet haben. Als ich mich dann aber entschlossen habe zu kündigen wurde mir mein letztes Gehalt verweigert, und ich sollte dieses persönlich bei einer internen Feier abholen kommen. Als ich dann da war, hat keiner mehr von meinen „Freunden“ mit mir geredet. Ich hätte „die Firma und meine Kollegen mit meiner Kündigung hintergangen“. Ich war kein Teil der Gruppe mehr und das hat mich sehr geschockt.

Oh, das klingt natürlich hart und ist wirklich eine unschöne Erfahrung. Kannst Du es trotzdem weiterempfehlen einen Nebenjob in Japan zu machen?

Zunächst würde ich das, wenn es sich anbietet, dringend empfehlen. Nicht nur meine Sprachkenntnisse haben sich verbessert, auch Skills, die man so im Arbeitsleben braucht, konnte ich ausweiten und vertiefen.

Aber auch: Falls ihr ähnliche Erfahrungen machen solltet, könnt ihr jederzeit kündigen. Nur weil ihr in Japan seid und damit vielleicht nicht zu 100% fließend die Sprache sprecht, dürft ihr euch trotzdem für euch und gegen den Job einsetzen.

Es gibt ganz viele Jobs! Irgendwo wird was Passendes dabei sein!

Absolut richtig! Vielen Dank, Marie, für Deine Einblicke!