Alle Artikel mit dem Schlagwort: Berlinale

Berlinale-Nachlese: Otôto / Otouto

Yamada Yôji (79), vor allem bekannt als der Regisseur der Serie Otoko wa tsurai yo („Tora-san“), zeigte auf der diesjährigen Berlinale sehr große Präsenz: Mit Kyôto Uzumasa Monogatari („Kyoto Story“) und Otôto („About her brother“) stellte er gleich zwei Filme vor, er bekam die Berlinale-Kamera verliehen und stellte sich in einer Diskussionsrunde den Fragen der jungen Filmschaffenden des „Berlinale Talent Campus“. Otôto, der als Abschlussfilm bei der Preisverleihung gezeigt wurde, ist ein klassisches Familiendrama, das stark von Yamadas Wurzeln im japanischen Studiosystem geprägt ist. Als Yamada 2008 mit seinem Film Kâbei („Our Mother“) zur Berlinale aufbrach, erfuhr er noch auf dem Flughafen in Japan, dass sein Kollege Ichikawa Kon gestorben sei. „Ich war sehr traurig, Ichikawa war ein großes Vorbild für mich“, erklärte Yamada beim Berlinale Talent Campus. In Berlin habe er dann viel über Ichikawa nachgedacht und beschlossen, als Hommage an Ichikawa einen Film zu machen, der sich an dessen Otôto (おとうと, 1960) anlehnt. Bei Yamada wie Ichikawa geht es um das Verhältnis einer älteren Schwester zu ihrem jüngeren Bruder, einem rechten Taugenichts, der …

Japan auf der Berlinale: Golden Slumber

„Golden Slumbers“, ein Song der Beatles auf dem Album „Abbey Road“, ist ein Wiegenlied, das heilsamen Schlaf verspricht: „smiles awake you when you rise“. Der Kurierfahrer Aoyagi hat es früher gerne mit seinen drei besten Freunden gehört, Morita, Kazu und Haruko. Zu viert zogen sie durch die Fast-Food-Restaurants in Sendai, auf der Suche nach den besten Burgern. Im Sommer halfen sie dem örtlichen Pyrotechniker, den Nachthimmel mit  riesigen Feuerwerksblumen zu schmücken. Aber, wie Saitô Kazuyoshi im Abspann des Films singt: 今歩いているこの道は いつか懐かしくなるだろう – „Auf den Weg, den Du gerade gehst, wirst Du irgendwann wehmütig zurückblicken.“ Zehn Jahre später hat Aoyagi seine Freunde aus den Augen verloren und sitzt richtig in der Scheiße, und zwar so, dass er sich schließlich sogar auf einen verrückten Serienmörder als Vertrauten einlassen muss. Der japanische Premierminister ist bei einem Bombenattentat ums Leben gekommen – und Aoyagi gilt als der Terrorist, der dafür verantwortlich ist. Dabei wollte er nur mit seinem alten Freund Morita angeln gehen. Ganz Sendai ist abgeriegelt und die Polizei veranstaltet eine unerbittliche Treibjagd, die nur darauf ausgelegt zu …

Film-Stau auf der Berlinale

Nur noch zwei Berlinale-Tage und immer noch keine neue Filmkritik: Stephanie Klasen und ich bitten noch um ein bisschen Geduld. Zwischen Anstehen, zum nächsten Kino hetzen und schnell eine Bockwurst verschlingen bleibt gerade wenig Zeit. Es sei aber schon einmal so viel verraten: Es gab richtig viel zu Lachen, eine Begegnung mit einem Anime-Meister und eine dicke Portion „ganbaru-spirit“. Ganz bald hier mehr! Elisabeth Scherer

Japan auf der Berlinale: Caterpillar

„Und die Qualen des arms eligen Krüppels waren für sie nichts als ein Stimulans, von dem sie nie genug bekam.“ Edogawa Rampo, der bekannteste Autor sogenannter suiri shôsetsu 推理小説 (literarisches Genre zwischen Krimi, Mystery und Horror), schildert in seiner 1929 erschienenen Geschichte Imomushi 芋虫 („Die Raupe“) die Beziehung zwischen einer Frau und ihrem Ehemann, der aus dem Krieg zwar als hochdekorierter Held, aber auch als völliger Krüppel nach Hause kehrt: Ihm fehlen Arme und Beine, er kann weder hören noch sprechen und sein Gesicht ist entstellt. In der tief verstörenden Erzählung dient der zum Fleischklumpen verkommene Mann der Frau als Spielzeug, das sie nach Belieben hervorholt und zur Lustbefriedigung nutzt. Ein schwieriger Stoff für eine filmische Umsetzung, an die sich nun Wakamatsu Kôji gewagt hat. Ein zimperlicher Umgang war von Wakamatsu nicht zu erwarten, schließlich blickt der 73-Jährige auf eine lange Karriere als Regisseur von pink eiga und Exploitation-Filmen (z.B. Yuke yuke nidome no shôjo) zurück. Mut bewies er unter anderem auch, als er 1976 Ôshima Nagisas Skandalfilm Ai no corrida („Im Reich der Sinne“) produzierte. In seiner …