Monate: Februar 2011

Berlinale 2011: Heaven’s Story von Takahisa Zeze

Einen japanischen Preisträger gab es auf der Berlinale 2011 dann doch noch. Der vier Stunden und 38 Minuten lange epische Spielfilm Heaven´s Story des Regisseurs Takahisa Zeze gewann gleich zwei Auszeichnungen: den FIPRESCI (International Federation of Film Critics) und den NETPAC-Preis (Network for the Promotion of Asian Cinema). Verdiente Auszeichnungen für einen Film, der es schafft den Spannungsbogen trotz einer solchen Länge bis zum Ende zu halten und der dabei seinen Figuren immer genügend Raum gibt, um sich zu entfalten. Takahisa Zeze revolutionierte in den 90er Jahren als einer der „Pink Shitennô“ (die vier „Himmelskönige“ des Pink) den japanischen Pink-Film und nutzen diesen als experimentelle Spielwiese. Gelungene Beispiele dafür finden sich auch in Heaven´s Story. Zu erwähnen ist insbesondere die Parallelmontage von Geburt und Tod gegen Ende des Films. Die Vielfalt der filmischen Mittel von wackliger Handkamera über Animationssequenzen schafft ein teilweise wunderschönes, teilweise herausforderndes Gesamtkunstwerk – herausfordernd vor allem, wenn die Kamera bei emotionalen Szenen in extremer Nahaufnahme auf den Gesichtern bleibt und dem Zuschauer keine Fluchtmöglichkeit lässt. Und Heaven´s Story ist ein sehr …

Berlinale-Nachlese: Kazoku X („Household X“)

Kazoku X ist einer der Filme, die den ungeübten Berlinale-Zuschauer auf die Geduldsprobe stellen: Man sieht, wie eine Frau die Wohnung sauber macht, die Platzsets auf dem Tisch akkurat ausrichtet, sich ein Glas Wasser einschenkt. Ein Mann im Anzug sitzt spät abends im Café und studiert Computer-Bücher. Ein junger Mann arbeitet nachts auf einer Baustelle und muss sich sagen lassen, dass er die Kehrbewegungen falsch ausführt. Die Kamera lässt sich sehr viel Zeit, eine dreiköpfige japanische Familie bei ihren täglichen Verrichtungen zu beobachen. Es gibt kaum Dialoge und keine Musik, die das alltägliche Nebeneinander der drei Menschen untermalen würde. Wie Kurosawa Kiyoshis Tokyo Sonata (2008) ist Kazoku X ein Film, der sehr deutlich zeigt, welche Auswirkungen mangelnde Kommunikation auf das Leben in einer Familie haben kann. Während sich in Tokyo Sonata die Familienmitglieder aber zumindest noch zum Essen an einen Tisch setzen, um sich anzuschweigen, kommt es in Kazoku X nicht ein einziges Mal dazu, dass Vater, Mutter und Sohn zusammen essen. Der Esstisch – eigentlich das Zentrum des Familienlebens – wird nur noch von …

MRG: DAS sollten Sie lieber nicht schreiben :-)

Viele bedauern, dass es keine Musterlösung für die MRG-Klausur gibt. Heute können wir zumindest verraten, was Sie in der Klausur AUF GAR KEINEN FALL schreiben sollten. Dies verdeutlicht Ihnen eine kleine Sammlung aus unserem „Giftschrank“, der im letzten Semester von den Kommilitonen und Kommilitoninnen fleißig gefüllt wurde 🙂 Christen in Japan: „Diese Zeit bezeichnete man als das Christenjahr.“ Theaterformen: „Das Bunraku-Theater hat seine Besonderheit, dass die jeweiligen Stücke von Puppen gespielt werden.“ „Eine Theaterform ist das bungaku“ invented Traditions: „Es wurden Traditionen erfunden und an die Europäer verkauft.“ Zu den Minderheiten: „Weiterhin gibt es Koreaner, Chinesen und ehemalige Japaner, die nach Japan zurückkehren, aber als verunreinigt durch den Westen gelten.“ „Die Ainu lebten auf einer Insel in der Nähe Japans. Und sie haben mit den Japanern auch einen Tauschhandel betrieben, aber irgenwie wurden sie immer ärmer.“ „Eine Minderheit Japans sind die zaibatsu.“ Die drei Reichseiniger: „Er starb 1582 an Selbstmord.“ „Oda wird 1582 gezwungen, sakoku zu begehen.“ Über Toyotomi Hideyoshi: „Zu dem Zeitpunkt war er der mächtigste Mann der Welt.“ Darüber hinaus: immer wieder sehr …

Japan bei der Berlinale: Sekai good Morning!

Wie man sich als Oberschüler fühlt weiß der Regisseur Hirohara Satoru, der bei der Berlinale seinen Film Sekai Good Morning („Good Morning to the World“) präsentierte, bestimmt noch ziemlich genau: Schließlich ist er gerade einmal 24 Jahre alt. Hiroharas Protagonist, der 16-jährige Yuta, der von seine Freunden „Jamira“ genannt wird, hat die besten Voraussetzungen, um ein „Problemjugendlicher“ zu werden. Seine Mutter sieht er nur gelegentlich abends, wenn sie völlig übermüdet von der Arbeit zurückkehrt, zwei Obentôs auf den Tisch stellt und sich mit riesigen Bierdosen tröstet. Seinen Vater kennt er nicht, in der Schule ist er eher ein Außenseiter. Yuta hat sich einige Strategien ausgedacht, mit denen er seiner Verlassenheit begegnet. Er bespricht Tonbänder, obwohl er weiß, dass sie niemanden interessieren, und er macht sein Bett zur Bühne, auf der er nur für sich bis zur Erschöpfung Luftgitarre spielt. Den Zuschauer lässt der Regisseur diese Szenerie wie durch eine Glasscheibe beobachten. Mit der immer gleichen Einstellung fällt der Blick frontal in das Zimmer, es gibt keine Schnitte, keine Details. Wie als hätte man die Wand …

Japan bei der Berlinale: Byakuyakô / Byakuyakou

Am Wochenende gab sich bei der Berlinale einer der großen Jung-Stars des japanischen Films die Ehre: Die Schauspielerin Horikita Maki, vor allem bekannt durch Fernsehserien wie Hanazakari no kimitachi e, war angereist, um ihren aktuellen Film Byakuyakô 白夜行 („Into the white night“) vorzustellen. Dieser ist in Japan bereits am 29. Januar angelaufen und hat mit einem Einspielergebnis von über 78 Millionen Yen an den ersten beiden Tagen einen fulminanten Start hingelegt. Der Erfolg ist nicht verwunderlich, schließlich hat der Film des Regisseurs Fukugawa Yoshihiro alles, was ein Blockbuster braucht: An der Seite von Horikita spielt der Beau Kôra Kengo (Hebi ni piasu, Fish Story, Kanikôsen), die Geschichte basiert auf einem Bestseller des Kriminalautors Higashino Keigo und die aufwändigen Locations lassen ein großes Budget erahnen. Der Thriller besticht vor allem zu Anfang durch seine düsteren, grauen Bilder, die minutiös das Ôsaka im Jahre 1980 nachzeichnen. Die Polizei recherchiert im Elend eines Slums am Rande der Stadt, bespricht sich in kahlen schäbigen Büros und zu all dem prasselt unaufhörlich der Regen. Ein Mord an einem Pfandleiher wird für …